August Kopisch Der Nöck (1853)

  (Nordische Sage)

  Es tönt des Nöcken Harfenschall:
  Da steht der wilde Wasserfall,
      Umschwebt mit Schaum und Wogen
5     Den Nöck im Regenbogen.
         Die Bäume neigen
         Sich tief und schweigen,
  Und athmend horcht die Nachtigall. –

  »O Nöck, was hilft das Singen dein?
10 Du kannst ja doch nicht selig sein!
      Wie kann dein Singen taugen?« –
      Der Nöck erhebt die Augen,
         Sieht an die Kleinen,
         Beginnt zu weinen ...
15 Und senkt sich in die Flut hinein.

  Da rauscht und braust der Wasserfall,
  Hoch fliegt hinweg die Nachtigall,
      Die Bäume heben mächtig
      Die Häupter, grün und prächtig.
20        O weh, es haben
         Die wilden Knaben
  Den Nöck betrübt im Wasserfall!

  »Komm wieder Nöck, du singst so schön!
  Wer singt, kann in den Himmel gehn!
25     Du wirst mit deinem Klingen
      Zum Paradiese dringen!
         O komm, es haben
         Gescherzt die Knaben:
  Komm wieder Nöck, und singe schön!«

30 Da tönt des Nöcken Harfenschall
  Und wieder steht der Wasserfall,
      Umschwebt mit Schaum und Wogen
      Den Nöck im Regenbogen.
         Die Bäume neigen
35        Sich tief und schweigen,
  Und athmend horcht die Nachtigall.

  Es spielt der Nöck und singt mit Macht
  Von Meer und Erd' und Himmelpracht.
      Mit Singen kann er lachen
40     Und selig weinen machen! –
         Der Wald erbebet,
         Die Sonn' entschwebet ...
  Er singt bis in die Sternennacht!

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