Christian Adolf Overbeck Trost für mancherley Thränen (1795)

  Warum sind der Thränen
  Unterm Mond so viel?
  Und so manches Sehnen,
  Das nicht laut seyn will?

5 Nicht doch, lieben Brüder!
  Ist dies unser Muth?
  Schlagt den Kummer nieder,
  Es wird alles gut!

  Aufgeschaut mit Freuden,
10 Himmelauf, zum Herrn!
  Seiner Kinder Leiden
  Sieht er gar nicht gern.

  Er will gern erfreuen;
  Und erfreut so sehr!
15 Seine Hände streuen,
  Segens gnug umher.

  Nur dies schwach' Gemüthe
  Trägt nicht jedes Glück,
  Stößt die reine Güte
20 Selbst von sich zurück.

  Wie's nun ist auf Erden,
  Also sollt's nicht seyn.
  Laßt uns besser werden:
  Gleich wird's besser seyn.

25 Der ist bis zum Grabe
  Wohl berathen hie,
  Welchem Gott die Gabe
  Des Vertraun's verlieh.

  Dem macht das Getümmel
30 Dieser Welt nicht heiß,
  Wer getrost zum Himmel
  Aufzuschauen weiß.

  Sind wir nicht vom Schlummer
  Immer noch erwacht?
35 Leben und sein Kummer
  Dau'rt nur Eine Nacht.

  Diese Nacht entfliehet,
  Und der Tag bricht an,
  Eh' man sich's versiehet; –
40 Dann ist's wohlgethan.

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