Clemens Brentano Die lustigen Musikanten (1801)

  Da sind wir Musikanten wieder,
  Die nächtlich durch die Straßen ziehn,
  Von unsren Pfeifen lustge Lieder
  Wie Blitze durch das Dunkel fliehn. –
5  Es brauset und sauset
   Das Tambourin,
   Es prasseln und rasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
10  Von tönenden Schimmern,
   Um Kling und um Klang,
   Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
15  Mit Freud und mit Schmerz.

  Die Fenster gerne sich erhellen,
  Und brennend fällt uns mancher Preis,
  Wenn wir uns still zusammenstellen
  Zum frohen Werke in den Kreis.
20  Es brauset und sauset
   Das Tambourin,
   Es prasseln und rasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
25  Von tönenden Schimmern,
   Um Kling und um Klang,
   Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
30  Mit Freud und mit Schmerz.

  An unsern herzlich frohen Weisen
  Hat nimmer Alt und Jung genug,
  Wir wissen alle hinzureißen
  In unsrer Töne Zauberzug.
35  Es brauset und sauset
   Das Tambourin,
   Es rasseln und prasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
40  Von tönenden Schimmern,
   Um Kling und um Klang,
   Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz,
45  Mit Freud und mit Schmerz.

  Schlug zwölfmal schon des Turmes Hammer,
  So stehen wir vor Liebchens Haus,
  Aus ihrem Bettchen in der Kammer
  schleicht sie und lauscht zum Fenster raus.
50  Es brauset und sauset
   Das Tambourin,
   Es prasseln und rasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
55  Von tönenden Schimmern,
   Um Kling und um Klang,
   Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
60  Mit Freud und mit Schmerz.

  Wenn in des goldnen Bettes Kissen,
  Sich küssen Bräutigam und Braut
  Und glauben ganz allein zu wissen,
  Macht bald es unser Singen laut.
65  Es sauset und brauset
   Das Tambourin,
   Es prasseln und rasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
70  Von tönenden Schimmern,
   Um Kling und um Klang,
   Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
75  Mit Freud und mit Schmerz.

  Bei stiller Liebe lautem Feste
  Erquicken wir der Menschen Ohr,
  Denn holde Mädchen, trunkne Gäste
  Verehren unser klingend Chor.
80  Es brauset und sauset
   Das Tambourin,
   Es rasseln und prasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
85  Von tönenden Schimmern,
   Um Kling und um Klang,
   Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
90  Mit Freud und mit Schmerz.

  Doch sind wir gleich den Nachtigallen,
  Sie singen nur bei Nacht ihr Lied,
  Bei uns kann es nur lustig schallen,
  Wenn uns kein menschlich Auge sieht.
95  Es brauset und sauset
   Das Tambourin,
   Es rasseln und prasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
100  Von tönenden Schimmern,
   Um Kling und um Klang,
   Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
105  Mit Freud und mit Schmerz.

  DIE TOCHTER:
  Ich habe einen Freund verloren,
  Und meinen Vater schoß man tot;
  Mein Sang ergötzet eure Ohren,
110 Und schweigend wein ich auf mein Brot.
   Es brauset und sauset
   Das Tambourin,
   Es rasseln und prasseln
   Die Schellen drin;
115  Die Becken hell flimmern
   Von tönenden Schimmern,
   Um Sing und um Sang,
   Um Kling und um Klang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
120  Ans Herz
   Mit Freud und mit Schmerz.

  DIE MUTTER:
  Ists Nacht? ists Tag? ich kanns nicht sagen,
  Am Stabe führet mich mein Kind,
125 Die hellen Becken muß ich schlagen
  Und ward von vielem Weinen blind.
   Es sauset und brauset
   Das Tambourin,
   Es rasseln und prasseln
130  Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
   Von tönenden Schimmern,
   Um Sing und um Sang,
   Um Kling und um Klang
135  Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
   Mit Freud und mit Schmerz.

  DIE BEIDEN BRÜDER:
  Ich muß die lustgen Triller greifen,
140 Und Fieber bebt durch Mark und Bein,
  Euch muß ich frohe Weisen pfeifen,
  Und möchte gern begraben sein.
   Es sauset und brauset
   Das Tambourin,
145  Es rasseln und prasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
   Von tönenden Schimmern,
   Um Kling und um Klang,
150  Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
   Mit Freud und mit Schmerz.

  DER KNABE:
155 Ich habe früh das Bein gebrochen,
  Die Schwester trägt mich auf dem Arm,
  Aufs Tambourin muß rasch ich pochen –
  Sind wir nicht froh? Daß Gott erbarm!
   Es brauset und sauset
160  Das Tambourin,
   Es rasseln und prasseln
   Die Schellen drin;
   Die Becken hell flimmern
   Von tönenden Schimmern,
165  Um Kling und um Klang,
   Um Sing und um Sang
   Schweifen die Pfeifen, und greifen
   Ans Herz
   Mit Freud und mit Schmerz.

Neuen Kommentar hinzufügen

Die Technik der Kommentarfunktion "DISQUS" wird von einem externen Unternehmen, der Big Head Labs, Inc., San Francisco/USA., zur Verfügung gestellt, die Moderation der Kommentare liegt allein bei Lyrik123.de. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.