Eduard Mörike Der Feuerreiter (1824)

  Sehet ihr am Fensterlein
  Dort die rote Mütze wieder?
  Nicht geheuer muß es sein,
  Denn er geht schon auf und nieder.
5 Und auf einmal welch Gewühle
  Bei der Brücke, nach dem Feld!
  Horch! das Feuerglöcklein gellt:
       Hinterm Berg,
       Hinterm Berg
10 Brennt es in der Mühle!

  Schaut! da sprengt er wütend schier
  Durch das Tor, der Feuerreiter,
  Auf dem rippendürren Tier,
  Als auf einer Feuerleiter!
15 Querfeldein! Durch Qualm und Schwüle
  Rennt er schon, und ist am Ort!
  Drüben schallt es fort und fort:
       Hinterm Berg,
       Hinterm Berg
20 Brennt es in der Mühle!

  Der so oft den roten Hahn
  Meilenweit von fern gerochen,
  Mit des heil'gen Kreuzes Span
  Freventlich die Glut besprochen –
25 Weh! dir grinst vom Dachgestühle
  Dort der Feind im Höllenschein.
  Gnade Gott der Seele dein!
       Hinterm Berg,
       Hinterm Berg
30 Ras't er in der Mühle!

  Keine Stunde hielt es an,
  Bis die Mühle borst in Trümmer;
  Doch den kecken Reitersmann
  Sah man von der Stunde nimmer.
35 Volk und Wagen im Gewühle
  Kehren heim von all dem Graus;
  Auch das Glöcklein klinget aus.
       Hinterm Berg,
       Hinterm Berg
40 Brennt's! –

  Nach der Zeit ein Müller fand
  Ein Gerippe samt der Mützen
  Aufrecht an der Kellerwand
  Auf der beinern' Mähre sitzen:
45 Feuerreiter, wie so kühle
  Reitest du in deinem Grab!
  Husch! da fällt's in Asche ab.
       Ruhe wohl,
       Ruhe wohl
50 Drunten in der Mühle!

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