Eduard Mörike Eine Liebe kenn’ ich, die ist treu (1827)

     Eine Liebe kenn' ich, die ist treu,
  War getreu, seitdem ich sie gefunden,
  Hat mit tiefem Seufzen immer neu,
  Stets versöhnlich, sich mit mir verbunden.

5    Welcher einst mit himmlischem Gedulden
  Bitter bittern Todestropfen trank,
  Hing am Kreuz und büßte mein Verschulden,
  Bis es in ein Meer von Gnade sank.

     Und was ist's, daß ich doch traurig bin,
10 Daß ich angstvoll mich am Boden winde?
  Frage: Hüter, ist die Nacht bald hin?
  Und: was rettet mich von Tod und Sünde?

     Arges Herze! ja gesteh es nur,
  Du hast wieder böse Lust empfangen;
15 Frommer Liebe, alter Treue Spur –
  Ach, das ist auf lange nun vergangen!

  Darum ist's auch, daß ich traurig bin,
  Daß ich angstvoll mich am Boden winde –
  Hüter! Hüter! ist die Nacht bald hin?
20 Und was rettet mich von Tod und Sünde?

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