Eduard Mörike Früh im Wagen (1846)

  Es graut vom Morgenreif
  In Dämmerung das Feld,
  Da schon ein blasser Streif
  Den fernen Ost erhellt;

5 Man sieht im Lichte bald
  Den Morgenstern vergehn,
  Und doch am Fichtenwald
  Den vollen Mond noch stehn:

  So ist mein scheuer Blick,
10 Den schon die Ferne drängt,
  Noch in das Schmerzensglück
  Der Abschiedsnacht versenkt.

  Dein blaues Auge steht
  Ein dunkler See vor mir,
15 Dein Kuß, dein Hauch umweht,
  Dein Flüstern mich noch hier.

  An deinem Hals begräbt
  Sich weinend mein Gesicht,
  Und Purpurschwärze webt
20 Mir vor dem Auge dicht.

  Die Sonne kommt; – sie scheucht
  Den Traum hinweg im Nu,
  Und von den Bergen streicht
  Ein Schauer auf mich zu.

Neuen Kommentar hinzufügen

Die Technik der Kommentarfunktion "DISQUS" wird von einem externen Unternehmen, der Big Head Labs, Inc., San Francisco/USA., zur Verfügung gestellt, die Moderation der Kommentare liegt allein bei Lyrik123.de. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.