Emanuel Geibel Friedrich Rotbart (1837)

     Tief im Schoße des Kyffhäusers
  Bei der Ampel rotem Schein
  Sitzt der alte Kaiser Friedrich
  An dem Tisch von Marmorstein.

5    Ihn umwallt der Purpurmantel,
  Ihn umfängt der Rüstung Pracht,
  Doch auf seinen Augenwimpern
  Liegt des Schlafes tiefe Nacht.

      Vorgesunken ruht das Antlitz,
10 Drin sich Ernst und Milde paart,
  Durch den Marmortisch gewachsen
  Ist sein langer, goldner Bart.

     Rings wie eh‘rne Bilder stehen
  Seine Ritter um ihn her,
15 Harnischglänzend, schwertumgürtet,
  Aber tief im Schlaf wie er.

     Heinrich auch, der Ofterdinger,
  Ist in ihrer stummen Schar,
  Mit den liederreichen Lippen,
20 Mit dem blondgelockten Haar.

     Seine Harfe ruht dem Sänger
  In der Linken ohne Klang;
  Doch auf seiner hohen Stirne
  Schläft ein künftiger Gesang.

25    Alles schweigt, nur hin und wieder
  Fällt ein Tropfen vom Gestein,
  Bis der große Morgen plötzlich
  Bricht mit Feuersglut herein;

     Bis der Adler stolzen Fluges
30 Um des Berges Gipfel zieht,
  Daß vor seines Fittichs Rauschen
  Dort der Rabenschwarm entflieht.

     Aber dann wie ferner Donner
  Rollt es durch den Berg herauf,
35 Und der Kaiser greift zum Schwerte,
  Und die Ritter wachen auf.

     Laut in seinen Angeln dröhnend
  Tut sich auf das eh‘rne Tor:
  Barbarossa mit den Seinen
40 Steigt im Waffenschmuck empor.

     Auf dem Helm trägt er die Krone
  Und den Sieg in seiner Hand;
  Schwerter blitzen, Harfen klingen,
  Wo er schreitet durch das Land.

45    Und dem alten Kaiser beugen
  Sich die Völker allzugleich
  Und aufs neu' in Aachen gründet
  Er das heil'ge deutsche Reich.

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