Emanuel Geibel Volkers Nachtgesang (1850)

   Die lichten Sterne funkeln
   Hernieder kalt und stumm;
   Von Waffen klirrt's im Dunkeln,
   Der Tod schleicht draußen um.
5 Schweb' hoch hinauf, mein Geigenklang!
  Durchbrich die Nacht mit klarem Sang!
   Du weißt den Spuk von dannen
       Zu bannen.

   Wohl finster ist die Stunde,
10  Doch hell sind Mut und Schwert;
   In meines Herzens Grunde
   Steht aller Freuden Herd.
  O Lebenslust, wie reich du blühst!
  O Heldenblut, wie kühn du glühst!
15  Wie gleicht der Sonn' im Scheiden
       Ihr beiden.

   Ich denke hoher Ehren,
   Sturmlust'ger Jugendzeit,
   Da wir mit scharfen Speeren
20  Hinjauchzten in den Streit.
  Hei Schildgekrach im Sachsenkrieg!
  Auf unsern Bannern saß der Sieg,
   Als wir die ersten Narben
       Erwarben.

25  Mein grünes Heimatleben,
   Wie tauchst du mir empor!
   Des Schwarzwalds Wipfel weben
   Herüber an mein Ohr!
  So säuselt's in der Rebenflur,
30 So braust der Rhein, darauf ich fuhr
   Mit meinem Lieb zu zweien
       Im Maien.

   O Minne! wundersüße,
   Du Rosenhag in Blust,
35  Ich grüße dich, ich grüße
   Dich heut aus tiefster Brust!
  Du roter Mund, gedenk' ich dein,
  Es macht mich stark wie firner Wein,
   Das sollen Heunenwunden
40      Bekunden.

   Ihr Kön'ge, sonder Zagen
   Schlaft sanft, ich halte Wacht;
   Ein Glanz aus alten Tagen
   Erleuchtet mir die Nacht.
45 Und kommt die Früh' im blut'gen Kleid:
  Gott grüß dich, grimmer Schwerterstreit!
   Dann magst du, Tod, zum Reigen
       Uns geigen!

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