Ernst Moritz Arndt Warum ruf’ ich? (1837)

  1837

  Und rufst du immer Vaterland
  Und Freiheit ? Will das Herz nicht rasten?
  Und doch wie bald umrollt der Sand
5 Des Grabes deinen Leichenkasten!
  Die nächste Ladung trägst du schon
  Geschrieben hell auf weißer Scheitel;
  Gedenk' des weisen Salomon,
  Gedenk' des Spruches: Alles eitel.

10 Ja, darum ruf' ich Vaterland
  Und Freiheit – dieser Ruf muß bleiben,
  Wann lange unsrer Gräber Sand
  Und unsern Staub die Winde treiben;
  Wann unsrer Namen dünner Schall
15 Im Zeitensturme längst verklungen,
  Sei dieses Namens Wiederhall
  Von Millionen nachgesungen!

  Ja, darum, weil wir gleich dem Schein
  Der Morgendämmerung verschweben,
20 Muß dies die große Sonne sein,
  Worin wir blühn, wodurch wir leben;
  Drum müssen wir an diesem Bau
  Uns hier die Ewigkeit erbauen,
  Damit wir aus dem Geistergau
25 Einst selig können niederschauen.

  O Vaterland! mein Vaterland!
  Du heil'ges, das mir Gott gegeben!
  Sei alles eitel, alles Tand,
  Mein Name nichts und nichts mein Leben –
30 Du wirst Jahrtausende durchblühn
  In deutschen Treuen, deutschen Ehren:
  Wir Kurze müssen hinnen ziehn,
  Doch Liebe wird unsterblich währen.

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