Felix Dahn Goten-Treue (1912)
Erschlagen lag mit seinem Heer
Der König der Goten, Theodemer.
Die Hunnen jauchzten auf blut'ger Wal,
Die Geier stießen herab zu Thal.
5 Der Mond schien hell, der Wind pfiff kalt,
Die Wölfe heulten im Föhrenwald.
Drei Männer ritten durchs Heidegefild,
Den Helm zerschroten, zerhackt den Schild.
Der erste über dem Sattel quer
10 Trug seines Königs zerbrochnen Speer.
Der zweite des Königs Kronhelm trug,
Den mitten durch ein Schlachtbeil schlug.
Der dritte barg mit treuem Arm
Ein verhüllt Geheimnis im Mantel warm.
15 So kamen sie an die Donau tief
Und der erste hielt mit dem Roß und rief:
»Ein zerhau'ner Helm – ein zerspellter Speer: –
Vom Reiche der Goten blieb nicht mehr!«
Und der zweite sprach: »In die Wellen dort
20 Versenkt den traurigen Gotenhort:
Dann springen wir nach von dem Uferrand –
Was säumest du, Vater Hildebrand?«
»Und tragt ihr des Königs Kron' und Speer: –
Ihr treuen Gesellen: – ich habe mehr.«
25 Auf schlug er seinen Mantel weich:
»Hier trag' ich der Goten Hort und Reich!
Und habt ihr gerettet Speer und Kron', –
Ich habe gerettet des Königs Sohn!
Erwache, mein Knabe, ich grüße dich,
30 Du König der Goten, Jungdieterich.«

Bibliographische Daten
Felix Dahn (1834-1912)
Goten-Treue
Erschlagen lag mit seinem Heer …
1912
Expressionismus
« Friedrich Martin von Bodenstedt: Freundschaft
» Otto Erich Hartleben: Im Arm der Liebe schliefen wir selig ein
Neuen Kommentar hinzufügen
Die Technik der Kommentarfunktion "DISQUS" wird von einem externen Unternehmen, der Big Head Labs, Inc., San Francisco/USA., zur Verfügung gestellt, die Moderation der Kommentare liegt allein bei Lyrik123.de. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.