Franz Kugler Der junge König und sein Gemahl (1833)

  Der junge König und sein Gemahl,
  Sie saßen zusammen im hohen Saal.
  Sie war an Huld und Anmut reich,
  Er schaute finster und war so bleich.

5 Gregor, mein holder Freund, o sprecht,
  Hat wer gekränkt Eu'r königlich Recht?"
  Frau Königin, ich trag ein gutes Schwert,
  Das jegliche Kränkung von sich wehrt."

  Gregor, mein Freund, gesteht mir's ein,
10 Es zehrt ein Fieber an Eurem Gebein!"
  Frau Königin, ich hab' noch heut mit Lust
  Den wilden Bären zu jagen gewußt."

  Gregor, so drückt Euch geheime Schuld;
  Vertraut Euch Christo und seiner Huld!"
15 Frau Königin, gestern empfing ich schon
  Für meine Sünden Absolution."

  Ach fühltest, Gregor, du mein liebend Herz,
  Mitteilend lindertest du deinen Schmerz!"
  Mein Weib, mein Leben, du meine Lust!
20 Zerreissen auch dir das Herz in der Brust?"

  O, hätte mich nimmer mein treues Roß
  Getragen im dieses leuchtende Schloß!
  O hätte nimmer mein siegreich Schwert
  Den übermütigen Feinden gewehrt!

25 O wärest du nimmer, du nimmer und dein Thron
  Gewesen des kühnen, des kühnen Siegers Lohn!"
  Weh, wehe! Gregor was treibt, o sprich,
  Zu so vermessenen Worten dich?"

  Ja, wehe! ich bin ein Fürstensohn,
30 Und doch geboren für keinen Thron!
  Der Eltern schwerem sündigem Vergehn
  Sollt' ich durch Busse Verzeihung erflehn!

  Noch hab' ich gebetet, gebüßet nicht,
  Noch ruht auf ihnen der Sünge Gewicht!"
35 Du hast mir nie deiner Heimat Land,
  Mir nie den Namen der Eltern genannt?"

  Fremd blieben mir Land und Eltern bis jetzt:
  Als ein Kindlein ward ich ausgesetzt,
  Es trieb die See ein Kästchen ans Land,
40 Darin ein Fischer den Knaben fand."

  Weh, Knabe, und kenn ich dein enges -
  Gemach, doch künde mir du deiner Eltern Schmach."
  Vernimm, denn, o Weib - doch starre mir nicht
  So ängstlich fragend ins Gesicht -
45 Daß meine Mutter, - verstumme, mein Mund,
  Und mache den Frevel niemals kund -
  Daß meine Mutter in Liebe ein Jahr
  Dem eigenen Bruder ergeben war!"

  Das Kreuz, Gregor, o qualvoller Tag!
50 Das Pergament bringe mir, das bei dir lag!"
  Er brachte schleunig das Pergament:
  Sag, Königin, ob Ihr die Schrift hier kennt?

  Er brachte das goldne Kreuz herbei,
  Sie stürzte zur Erde mit lautem Schrei.
55 Sie raufte verzweifelnd das dunkle Haar:
  Verflucht die Stunde, die dich gebar,
  Verflucht du König! verflucht dein Weib,
  Das selber dich trug in seinem Leib!"

  Ohnmächtig lag sie. Ihr Sohn Gregor
60 Schritt schweigend hinaus vor des Schloßes Tor.

Neuen Kommentar hinzufügen

Die Technik der Kommentarfunktion "DISQUS" wird von einem externen Unternehmen, der Big Head Labs, Inc., San Francisco/USA., zur Verfügung gestellt, die Moderation der Kommentare liegt allein bei Lyrik123.de. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.