Friedrich von Hagedorn Der Morgen (1757)
Uns lockt die Morgenröthe
In Busch und Wald,
Wo schon der Hirten Flöte
Ins Land erschallt.
5 Die Lerche steigt und schwirret,
Von Lust erregt;
Die Taube lacht und girret,
Die Wachtel schlägt.
Die Hügel und die Weide
10 Stehn aufgehellt,
Und Fruchtbarkeit und Freude
Beblühmt das Feld.
Der Schmelz der grünen Flächen
Glänzt voller Pracht,
15 Und von den klaren Bächen
Entweicht die Nacht.
Der Hügel weisse Bürde,
Der Schafe Zucht,
Drängt sich aus Stall und Hürde
20 Mit froher Flucht.
Seht, wie der Mann der Herde
Den Morgen fühlt,
Und auf der frischen Erde
Den Buhler spielt!
25 Der Jäger macht schon rege
Und hetzt das Reh
Durch blutbetriefte Wege,
Durch Busch und Klee.
Sein Hifthorn giebt das Zeichen;
30 Man eilt herbey:
Gleich schallt aus allen Sträuchen
Das Jagdgeschrey.
Doch Phyllis Herz erbebet
Bey dieser Lust;
35 Nur Zärtlichkeit belebet
Die sanfte Brust.
Laß uns die Thäler suchen,
Geliebtes Kind,
Wo wir von Berg und Buchen
40 Umschlossen sind!
Erkenne dich im Bilde
Von jener Flur!
Sey stets, wie dieß Gefilde,
Schön durch Natur;
45 Erwünschter als der Morgen,
Hold wie sein Strahl;
So frey von Stolz und Sorgen
Wie dieses Thal!

Bibliographische Daten
Friedrich von Hagedorn (1708-1754)
Der Morgen
Uns lockt die Morgenröthe …
1757
Empfindsamkeit
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