Friedrich von Hardenberg Novalis Es gibt so bange Zeiten (1800)

  Es gibt so bange Zeiten,
  Es gibt so trüben Mut,
  Wo alles sich von weiten
  Gespenstisch zeigen tut.

5 Es schleichen wilde Schrecken
  So ängstlich leise her,
  Und tiefe Nächte decken
  Die Seele zentnerschwer.

  Die sichern Stützen schwanken,
10 Kein Halt der Zuversicht;
  Der Wirbel der Gedanken
  Gehorcht dem Willen nicht.

  Der Wahnsinn naht und locket
  Unwiderstehlich hin.
15 Der Puls des Lebens stocket,
  Und stumpf ist jeder Sinn.

  Wer hat das Kreuz erhoben
  Zum Schutz für jedes Herz?
  Wer wohnt im Himmel droben,
20 Und hilft in Angst und Schmerz?

  Geh zu dem Wunderstamme,
  Gib stiller Sehnsucht Raum,
  Aus ihm geht eine Flamme
  Und zehrt den schweren Traum.

25 Ein Engel zieht dich wieder
  Gerettet auf den Strand,
  Und schaust voll Freuden nieder
  In das gelobte Land.

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