Gottfried August Bürger Des armen Suschens Traum (1781)

  Ich träumte, wie um Mitternacht
  Mein Falscher mir erschien.
  Fast schwür' ich, dass ich hell gewacht,
  So schnell erblickt' ich ihn.

5 Er zog den Treuring von der Hand
  Und ach! zerbrach ihn mir.
  Ein Wasserhelles Perlenband
  Warf er mir hin dafür.

  D'rauf ging ich wohl ans Gartenbeet,
10 Zu schau'n mein Myrtenreis,
  Das ich zum Kränzchen pflanzen thät,
  Und pflegen tät mit Fleiß.

  Da riss entzwei mein Perlenband
  Und eh ich's mich versah,
15 Entrollten all' in Erd' und Sand,
  Und keine war mehr da.

  Ich sucht' und sucht' in Angst und Schweiß,
  Umsonst, umsonst! Da schien
  Verwandelt mein geliebtes Reis
20 In dunkeln Rosmarin.

  Erfüllt ist längst das Nachtgesicht,
  Ach! längst erfüllt genau.
  Das Traumbuch frag' ich weiter nicht,
  Und keine weise Frau.

25 Nun brich o Herz, der Ring ist hin!
  Die Perlen sind geweint!
  Statt Myrt' erwuchs dir Rosmarin!
  Der Traum hat Tod gemeint.

  Brich, armes Herz! Zur Totenkron'
30 Erwuchs dir Rosmarin.
  Verweint sind deine Perlen schon,
  Der Ring der Ring ist hin!

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