Gottfried Keller Trübes Wetter (1878)
Es ist ein stiller Regentag,
so weich, so ernst und doch so klar,
wo durch den Dämmer brechen mag
die Sonne weiß und sonderbar.
5 Ein wunderliches Zwielicht spielt
beschaulich über Berg und Tal;
Natur halb warm und halb verkühlt,
sie lächelt noch und weint zumal.
Die Hoffnung, das Verlorensein
10 sind gleicher Stärke in mir wach;
die Lebenslust, die Todespein,
sie ziehn auf meinem Herzen Schach.
Ich aber, mein bewußtes Ich,
beschau' das Spiel in stiller Ruh'
15 und meine Seele rüstet sich
zum Kampfe mit dem Schicksal zu.

Bibliographische Daten
Gottfried Keller (1819-1890)
Trübes Wetter
Es ist ein stiller Regentag, …
1878
Realismus
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