Heinrich Heine „In stiller, wehmutweicher …“ (Fresko-Sonette an Christian S., V) (1821)
In stiller, wehmutweicher Abendstunde,
Umklingen mich die längst verschollnen Lieder,
Und Tränen fließen von der Wange nieder,
Und Blut entquillt der alten Herzenswunde.
5 Und wie in eines Zauberspiegels Grunde
Seh ich das Bildnis meiner Liebsten wieder;
Sie sitzt am Arbeitstisch, im roten Mieder,
Und Stille herrscht in ihrer selgen Runde.
Doch plötzlich springt sie auf vom Stuhl und schneidet
10 Von ihrem Haupt die schönste aller Locken,
Und gibt sie mir, – vor Freud bin ich erschrocken!
Mephisto hat die Freude mir verleidet.
Er spann ein festes Seil von jenen Haaren,
Und schleift mich dran herum seit vielen Jahren.

Bibliographische Daten
Heinrich Heine (1797-1856)
„In stiller, wehmutweicher …“ (Fresko-Sonette an Christian S., V)
In stiller, wehmutweicher Abendstunde, …
1821
Spätromantik
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