Joachim Heinrich Campe Abendempfindung

  Abend ist's, die Sonne ist verschwunden,
  Und der Mond strahlt Silberglanz;
  So entfliehn des Lebens schönste Stunden,
  Fliehn vorüber wie im Tanz.

5 Bald entflieht des Lebens bunte Szene,
  Und der Vorhang rollt herab;
  Aus ist unser Spiel, des Freundes Träne
  Fließet schon auf unser Grab.

  Bald vielleicht (mir weht, wie Westwind leise,
10 Eine stille Ahnung zu),
  Schließ ich dieses Lebens Pilgerreise,
  Fliege in das Land der Ruh.

  Werdet ihr dann an meinem Grabe weinen,
  Trauernd meine Asche sehn,
15 Dann, o Freunde, will ich euch erscheinen
  Und will himmelauf euch wehn.

  Schenk auch du ein Tränchen mir
  Und pflücke mir ein Veilchen auf mein Grab,
  Und mit deinem seelenvollen Blicke
20 Sieh dann sanft auf mich herab.

  Weih mir eine Träne, und ach! schäme
  dich nur nicht, sie mir zu weihn;
  Oh, sie wird in meinem Diademe
  Dann die schönste Perle sein!

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