Johann Gabriel Seidl Der todte Soldat (1843)

   The most precious tears are those, with which
   Heaven bedews the unburied head of a soldier.

         O. Goldsmith

  Auf ferner fremder Aue
5 Da liegt ein todter Soldat,
  Ein ungezählter, vergess'ner,
  Wie brav er gekämpft auch hat.

  Es reiten viel Generale
  Mit Kreuzen an ihm vorbei;
10 Denkt keiner, daß, der da lieget,
  Auch werth eines Kreuzleins sei.

  Es ist um manchen Gefall'nen,
  Viel Frag' und Jammer dort,
  Doch für den armen Soldaten
15 Gibt's weder Thräne noch Wort. –

  Doch ferne, wo er zu Hause,
  Da sitzt, beim Abendroth,
  Ein Vater voll banger Ahnung,
  Und sagt: »Gewiß, er ist todt!«

20 Da sitzt eine weinende Mutter,
  Und schluchzet laut: »Gott helf'!
  »Er hat sich angemeldet:
  »Die Uhr bleib steh'n um Elf!«

  Da starrt ein blasses Mädchen
25 Hinaus in's Dämmerlicht:
  »Und ist er dahin und gestorben,
  »Meinem Herzen stirbt er nicht!« –

  Drei Augenpaare schicken,
  So heiß es ein Herz nur kann,
30 Für den armen, todten Soldaten
  Ihre Thränen zum Himmel hinan.

  Und der Himmel nimmt die Thränen
  In einem Wölkchen auf,
  Und trägt es zur fernen Aue
35 Hinüber im raschen Lauf:

  Und gießt aus der Wolke die Thränen
  Auf's Haupt des Todten als Thau,
  Daß er unbeweint nicht liege
  Auf ferner, fremder Au.

Neuen Kommentar hinzufügen

Die Technik der Kommentarfunktion "DISQUS" wird von einem externen Unternehmen, der Big Head Labs, Inc., San Francisco/USA., zur Verfügung gestellt, die Moderation der Kommentare liegt allein bei Lyrik123.de. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.