Johann Wolfgang von Goethe Ach neige (1791)

  Ach neige,
  Du Schmerzenreiche,
  Dein Antlitz gnädig meiner Not!

  Das Schwert im Herzen,
5 Mit tausend Schmerzen
  Blickst auf zu deines Sohnes Tod.

  Zum Vater blickst du,
  Und Seufzer schickst du
  Hinauf um sein' und deine Not.

10 Wer fühlet,
  Wie wühlet
  Der Schmerz mir im Gebein?
  Was mein armes Herz hier banget,
  Was es zittert, was verlanget,
15 Weißt nur du, nur du allein!

  Wohin ich immer gehe,
  Wie weh, wie weh, wie wehe
  Wird mir im Busen hier!
  Ich bin ach kaum alleine,
20 Ich wein', ich wein', ich weine,
  Das Herz zerbricht in mir.

  Die Scherben von meinem Fenster
  Betaut ich mit Tränen, ach!
  Als ich am frühen Morgen
25 Dir diese Blumen brach.

  Schien hell in meine Kammer
  Die Sonne früh herauf,
  Saß ich in allem Jammer
  In meinem Bett schon auf.

30 Hilf! rette mich von Schmach und Tod!
  Ach neige,
  Du Schmerzenreiche,
  Dein Antlitz gnädig meiner Not!

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