Johann Wolfgang von Goethe An Mignon (1804)
Über Tal und Fluß getragen,
Ziehet rein der Sonne Wagen.
Ach, sie regt in ihrem Lauf,
So wie deine, meine Schmerzen,
5 Tief im Herzen,
Immer morgens wieder auf.
Kaum will mir die Nacht noch frommen,
Denn die Träume selber kommen
Nun in trauriger Gestalt,
10 Und ich fühle dieser Schmerzen,
Still im Herzen
Heimlich bildende Gewalt.
Schon seit manchen schönen Jahren
Seh ich unten Schiffe fahren,
15 Jedes kommt an seinen Ort;
Aber ach, die steten Schmerzen,
Fest im Herzen,
Schwimmen nicht im Strome fort.
Schön in Kleidern muß ich kommen,
20 Aus dem Schrank sind sie genommen,
Weil es heute Festtag ist;
Niemand ahnet, daß von Schmerzen
Herz im Herzen
Grimmig mir zerrissen ist.
25 Heimlich muß ich immer weinen,
Aber freundlich kann ich scheinen
Und sogar gesund und rot;
Wären tödlich diese Schmerzen
Meinem Herzen,
30 Ach, schon lange wär ich tot.

Bibliographische Daten
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
An Mignon
Über Tal und Fluß getragen, …
1804
Klassik
- Nähe des Geliebten
- Der Abschied
- Mignon III ("So laßt mich scheinen, bis ich werde ...")
- Mignon II ("Nur, wer die Sehnsucht kennt …")
- Mignon I ("Heiß mich nicht reden, heiß mich schweigen …")
Alle Gedichte von Johann Wolfgang von Goethe auf Lyrik123.de.>
Neuen Kommentar hinzufügen
Die Technik der Kommentarfunktion "DISQUS" wird von einem externen Unternehmen, der Big Head Labs, Inc., San Francisco/USA., zur Verfügung gestellt, die Moderation der Kommentare liegt allein bei Lyrik123.de. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.