Johann Wolfgang von Goethe Der König in Thule (1774)
Es war ein König in Thule
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.
5 Es ging ihm nichts darüber,
Er leert’ ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
So oft trank er daraus.
Und als er kam zu sterben,
10 Zählt’ er seine Städt’ im Reich,
Gönnt’ alles seinem Erben,
Den Becher nicht zugleich.
Er saß beim Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
15 Auf hohem Väter-Saale,
Dort auf dem Schloß am Meer.
Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut,
Und warf den heiligen Becher
20 Hinunter in die Flut.
Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer,
Die Augen täten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.

Bibliographische Daten
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Der König in Thule
Es war ein König in Thule …
1774
Sturm und Drang
- Nähe des Geliebten
- Der Abschied
- Mignon III ("So laßt mich scheinen, bis ich werde ...")
- Mignon II ("Nur, wer die Sehnsucht kennt …")
- Mignon I ("Heiß mich nicht reden, heiß mich schweigen …")
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