Johann Wolfgang von Goethe Gretchen am Spinnrade (Spätere Fassung, aus: Faust I) (1803)

  Meine Ruh’ ist hin,
  Mein Herz ist schwer,
  Ich finde sie nimmer
  Und nimmermehr.

5 Wo ich ihn nicht hab’
  Ist mir das Grab,
  Die ganze Welt
  Ist mir vergällt.

  Mein armer Kopf
10 Ist mir verrückt,
  Meiner armer Sinn
  Ist mir zerstückt.

  Meine Ruh’ ist hin,
  Mein Herz ist schwer,
15 Ich finde sie nimmer
  Und nimmermehr.

  Nach ihm nur schau’ ich
  Zum Fenster hinaus,
  Nach ihm nur geh’ ich
20 Aus dem Haus.

  Sein hoher Gang,
  Sein’ edle Gestalt,
  Seines Mundes Lächeln,
  Seiner Augen Gewalt,

25 Und seiner Rede
  Zauberfluß,
  Sein Händedruck,
  Und ach sein Kuß!

  Meine Ruh’ ist hin,
30 Mein Herz ist schwer,
  Ich finde sie nimmer
  Und nimmermehr.

  Mein Busen drängt
  Sich nach ihm hin,
35 Ach dürft’ ich fassen
  Und halten ihn!

  Und küssen ihn
  So wie ich wollt’,
  An seinen Küssen
40 Vergehen sollt’!

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