Johann Wolfgang von Goethe Rettung (1805)

  Mein Mädchen ward mir ungetreu,
  Das machte mich zum Freudenhasser;
  Da lief ich an ein fließend Wasser,
  Das Wasser lief vor mir vorbei.

5 Da stand ich nun, verzweiflend, stumm;
  Im Kopfe war mirs wie betrunken,
  Fast war ich in den Strom gesunken,
  Es ging die Welt mit mir herum.

  Auf einmal hört ich was, das rief -
10 Ich wandte just dahin den Rücken -
  Es war ein Stimmchen zum Entzücken:
  Nimm dich in acht! Der Fluß ist tief.

  Da lief mir was durchs ganze Blut,
  Ich seh, so ist's ein liebes Mädchen;
15 Ich frage sie: Wie heißt du? "Käthchen!"
  O schönes Käthchen! Du bist gut.

  Du hältst vom Tode mich zurück,
  Auf immer dank ich dir mein Leben;
  Allein das heißt mir wenig geben,
20 Nun sei auch meines Lebens Glück!

  Und dann klagt ich ihr meine Not,
  Sie schlug die Augen lieblich nieder;
  Ich küßte sie und sie mich wieder,
  Und - vor der Hand nichts mehr von Tod.

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