Joseph von Eichendorff O Maria, meine Liebe (1821)

  O Maria, meine Liebe!
  Denk ich recht im Herzen dein:
  Schwindet alles Schwer' und Trübe,
  Und, wie heller Morgenschein,
5 Dringt's durch Lust und ird'schen Schmerz
  Leuchtend mir durchs ganze Herz.

  Auf des ew'gen Bundes Bogen,
  Ernst von Glorien umblüht,
  Stehst du über Land und Wogen;
10 Und ein himmlisch Sehnen zieht
  Alles Leben himmelwärts
  An das große Mutterherz.

  Wo Verlaßne einsam weinen,
  Sorgenvoll in stiller Nacht,
15 Den' vor allen läßt du scheinen
  Deiner Liebe milde Pracht,
  Daß ein tröstend Himmelslicht
  In die dunklen Herzen bricht.

  Aber wütet wildverkehrter
20 Sünder frevelhafte Lust:
  Da durchschneiden neue Schwerter
  Dir die treue Mutterbrust;
  Und voll Schmerzen flehst du doch:
  Herr! Vergib, o schone noch!

25 Deinen Jesus in den Armen,
  Übern Strom der Zeit gestellt,
  Als das himmlische Erbarmen
  Hütest du getreu die Welt,
  Daß im Sturm, der trübe weht,
30 Dir kein Kind verlorengeht.

  Wenn die Menschen mich verlassen
  In der letzten stillen Stund,
  Laß mich fest das Kreuz umfassen.
  Aus dem dunklen Erdengrund
35 Leite liebreich mich hinaus,
  Mutter, in des Vaters Haus!

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