Justinus Christian Andreas Kerner Der Wassermann (1812)
Es war in des Maien mildem Glanz
Da hielten die Jungfern von Tübingen Tanz.
Sie tanzten und tanzten wohl allzumal
Um eine Linde im grünen Tal.
5 Ein fremder Jüngling in stolzem Kleid
Sich wandte bald zu der schönsten Maid;
Er reichte ihr dar die Hände zum Tanz,
Er setzt ihr aufs Haar einen meergrünen Kranz.
O Jüngling! warum ist so kalt dein Arm?
10 »In Neckars Tiefen da ist's nicht warm.«
O Jüngling! warum ist so bleich deine Hand?
»Ins Wasser dringt nicht der Sonne Brand!«
Er tanzt mit ihr von der Linde weit;
Laß, Jüngling! horch, die Mutter schreit!
15 Er tanzt mit ihr den Neckar entlang;
Laß, Jüngling! weh! mir wird so bang!
Er faßt sie fest um den schlanken Leib:
»Schön Maid! du bist des Wassermanns Weib!«
Er tanzt mit ihr in die Wellen hinein:
20 O Vater und du, o Mutter mein!
Er führt sie in einen kristallenen Saal.
Ade, ihr Schwestern im grünen Tal!

Bibliographische Daten
Justinus Christian Andreas Kerner (1786-1862)
Der Wassermann
Es war in des Maien mildem Glanz …
1812
Hochromantik
« Adelbert von Chamisso: Der alte Sänger
» Karl August Graf von Platen Hallermund: Der Strom, der neben mir verrauschte, wo ist er nun
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