Karoline Pichler Der Unglückliche (1818)

  Die Nacht bricht an, mit leisen Lüften sinket
  Sie auf die müden Sterblichen herab;
  Der sanfte Schlaf, des Todes Bruder, winket,
  Und legt sie freundlich in ihr täglich Grab.

5 Jetzt wachet auf der lichtberaubten Erde
  Vielleicht nur noch die Arglist und der Schmerz,
  Und jetzt, da ich durch nichts gestöret werde,
  Laß deine Wunden bluten, armes Herz.

  Versenke dich in deines Kummers Tiefen,
10 Und wenn vielleicht in der zerrißnen Brust
  Halb verjährte Leiden schliefen,
  So wecke sie mit grausam süßer Lust.

  Berechne die verlornen Seligkeiten,
  Zähl' alle, alle Blumen in dem Paradies,
15 Woraus in deiner Jugend goldnen Zeiten
  Die harte Hand des Schicksals dich verstieß.

  Du hast geliebt, du hast das Glück empfunden,
  Dem jede jede Seligkeit der Erde weicht.
  Du hast ein Herz, das dich verstand, gefunden,
20 Der kühnsten Hoffnung schönes Ziel erreicht.

  Da stürzte dich ein grausam Machtwort nieder,

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