Matthias Claudius So schlafe nun, du Kleine (1783)

  So schlafe nun, du Kleine!
  was weinest du?
  Sanft ist im Mondenscheine
  und süß die Ruh.

5 Auch kommt der Schlaf geschwinder
  und sonder Müh;
  der Mond freut sich der Kinder
  und liebet sie.

  Er liebt zwar auch die Knaben,
10 doch Mädchen mehr,
  gießt freundlich schöne Gaben
  von obenher,

  auf sie aus, wenn sie saugen,
  recht wunderbar;
15 schenkt ihnen blaue Augen
  und blonde Haar.

  Alt ist er wie ein Rabe,
  sieht manches Land;
  mein Vater hat als Knabe
20 ihn schon gekannt.

  Und bald nach ihren Wochen
  hat Mutter mal
  mit ihm von mir gesprochen:
  Sie saß im Tal.

25 In einer Abendstunde,
  den Busen bloß
  ich lag mit offnem Munde
  in ihrem Schoß.

  Sie sah mich an, für Freude
30 ein Tränchen lief,
  der Mond beschien uns beide,
  ich lag und schlief;

  da sprach sie: "Mond, o! scheine,
  ich hab' sie lieb,
35 schein' Glück für meine Kleine!"
  Ihr Auge blieb

  noch lang am Monde kleben
  und flehte mehr.
  Der Mond fing an zu beben,
40 als hörte er.

  Und denkt nur immer wieder
  an diesen Blick,
  und scheint von hoch hernieder
  mir lauter Glück.

45 Er schien mir unterm Kranze
  ins Brautgesicht.
  Und bei dem Ehrentanze;
  du warst noch nicht.

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