Otto Friedrich Gruppe Es weicht die Nacht und überm Hügel (1835)
Es weicht die Nacht und überm Hügel
Glimmt rother Schein am Himmelssaum,
Noch birgt der Vogel unterm Flügel
Sein träumend Haupt in weichen Flaum.
5 Nur leise schallen helle Stimmen,
Die bald verhallen überm See,
Im Kloster seh ich Kerzen glimmen,
Und Nonnen gehn durch zarten Schnee.
Ein stiller Zug von wenig Schwestern:
10 Es stirbt das Nonnenkloster aus;
Davon verschied die jüngste gestern,
Man senkt sie in des Grabes Haus.
Darauf ein still Gebet der Frauen,
Doch keine heiße Thräne rinnt,
15 Kein Schluchzen tönt, und ist zu schauen
Kein trostberaubter Mann, kein Kind.
Es fallen leichte Flocken nieder,
Und nichts ist von dem Grab zu sehn,
Und weit und breit ist Stille wieder,
20 Und Tag wird's, als ob nichts geschehn.

Bibliographische Daten
Otto Friedrich Gruppe (1804-1876)
Es weicht die Nacht und überm Hügel
Es weicht die Nacht und überm Hügel …
1835
Spätromantik
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