Paul Gerhardt Gib dich zufrieden (1653)

  Gib dich zufrieden und sei stille
  In dem Gotte deines Lebens;
  In ihm ruht aller Freuden Fülle,
  Ohn ihn mühst du dich vergebens.
5 Er ist dein Quell
  Und deine Sonne,
  Scheint täglich hell
  Zu deiner Wonne.
  Gib dich zufrieden!

10 Er ist voll Lichtes, Trosts und Gnaden,
  Ungefärbten treuen Herzens;
  Wo er steht, tut dir keinen Schaden
  Auch die Pein des größten Schmerzens;
  Kreuz, Angst und Not
15 Kann er bald wenden,
  Ja auch den Tod
  Hat er in Händen.
  Gib dich zufrieden!

  Wie dirs und andern oft ergehe,
20 Ist ihm wahrlich nicht verborgen,
  Er sieht und kennet aus der Höhe
  Der betrübten Herzen Sorgen.
  Er zählt den Lauf
  Der heißen Tränen
25 Und faßt zuhauf
  All unser Sehnen.
  Gib dich zufrieden!

  Wenn gar kein einzger mehr auf Erden,
  Dessen Treue darfst du trauen,
30 Alsdann will er dein Treuster werden
  Und zu deinem Besten schauen.
  Er weiß dein Leid
  Und heimlich Grämen,
  Auch weiß er Zeit,
35 Dich zu benehmen.
  Gib dich zufrieden!

  Er hört die Seufzer deiner Seelen
  Und des Herzens stilles Klagen,
  Und was du keinem darfst erzählen,
40 Magst du Gott gar kühnlich sagen,
  Er ist nicht fern,
  Steht in der Mitten,
  Hört bald und gern
  Der Armen Bitten.
45 Gib dich zufrieden!

  Laß dich dein Elend nicht bezwingen,
  Halt an Gott, so wirst du siegen;
  Ob alle Fluten einher gingen,
  Dennoch mußt du oben liegen.
50 Denn wenn du wirst
  Zu hoch beschweret,
  Hat Gott, dein Fürst,
  Dich schon erhöret.
  Gib dich zufrieden!

55 Was sorgst du für dein armes Leben,
  Wie dus halten wollst und nähren?
  Der dir das Leben hat gegeben,
  Wird auch Unterhalt bescheren.
  Er hat ein Hand
60 Voll aller Gaben,
  Da See und Land
  Sich muß von laben.
  Gib dich zufrieden!

  Der allen Vöglein in den Wäldern
65 Ihr bescheidnes Körnlein weiset,
  Der Schaf und Rinder in den Feldern
  Alle Tage tränkt und speiset,
  Der wird ja auch
  Dich eingen füllen
70 Und deinen Bauch
  Zur Notdurft stillen.
  Gib dich zufrieden!

  Sprich nicht: Ich sehe keine Mittel;
  Wo ich such, ist nichts zum Besten;
75 Denn das ist Gottes Ehrentitel:
  Helfen, wann die Not am größten.
  Wenn ich und du
  Ihn nicht mehr spüren,
  Da schickt er zu,
80 Uns wohl zu führen.
  Gib dich zufrieden!

  Bleibt gleich die Hilf in etwas lange,
  Wird sie dennoch endlich kommen,
  Macht dir das Harren angst und bange,
85 Glaube mir, es ist dein Frommen.
  Was langsam schleicht,
  Faßt man gewisser,
  Und was verzeucht,
  Ist desto süßer.
90 Gib dich zufrieden!

  Nimm nicht zu Herzen, was die Rotten
  Deiner Feinde von dir dichten,
  Laß sie nur immer weidlich spotten,
  Gott wirds hören und recht richten.
95 Ist Gott dein Freund
  Und deiner Sachen,
  Was kann dein Feind,
  Der Mensch, groß machen!
  Gib dich zufrieden!

100 Hat er doch selbst auch wohl das Seine,
  Wenn ers sehen könnt und wollte.
  Wo ist ein Glück so klar und reine,
  Dem nicht etwas fehlen sollte?
  Wo ist ein Haus,
105 Das könnte sagen:
  Ich weiß durchaus
  Von keinen Plagen?
  Gib dich zufrieden!

  Es kann und mag nicht anders werden,
110 Alle Menschen müssen leiden;
  Was webt und lebet auf der Erden,
  Kann das Unglück nicht vermeiden.
  Des Kreuzes Stab
  Schlägt unsre Lenden
115 Bis in das Grab:
  Da wird sichs enden.
  Gib dich zufrieden!

  Es ist ein Ruhetag vorhanden,
  Da uns unser Gott wird lösen,
120 Er wird uns reißen aus den Banden
  Dieses Leibs und allem Bösen.
  Es wird einmal
  Der Tod herspringen
  Und aus der Qual
125 Uns sämtlich bringen.
  Gib dich zufrieden!

  Er wird uns bringen zu den Scharen
  Der Erwählten und Getreuen,
  Die hier mit Frieden abgefahren,
130 Sich auch nun im Frieden freuen,
  Da sie den Grund,
  Der nicht kann brechen,
  Den ewgen Mund
  Selbst hören sprechen:
135 Gib dich zufrieden!

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