Theodor Körner Der Morgenstern (1813)

   Stern der Liebe, Glanzgebilde,
  Glühend wie die Himmelsbraut,
  Wanderst durch die Lichtgefilde,
  Kündend daß der Morgen graut.

5 Freundlich kommst du angezogen,
  Freundlich schwebst du himmelwärts,
  Glitzernd durch des Äthers Wogen,
  Strahlst du Hoffnung in das Herz.

  Wie in schäumenden Pokalen
10 Traubenpurpur mutig schwellt,
  So durchleuchten deine Strahlen
  Die erwachte Frühlingswelt.

  Wie im herrlichen Geschiebe
  Sich des Goldes Pracht verschließt,
15 So erglänzt du, Stern der Liebe,
  Der den Morgen still begrüßt.

  Und es treibt dich nach den Sternen,
  Hell im Dunkel zu erglühn.
  Über Berge, über Fernen
20 Möcht ich einmal mit dir ziehn.

  Faßt mich, faßt mich, heilge Strahlen,
  Schlingt um mich das goldne Band,
  Daß ich aus den Erdenqualen
  Fliehe in ein glücklich Land!

25 Doch ich kann dich nicht erfassen,
  Nicht erreichen; stehst so fern!
  Kann ich von der Sehnsucht lassen?
  Darf ich's, heilger Himmelsstern?

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