Wilhelm Hauff Ulrichs Lied aus dem Roman … (1824)

  Vom Turme, wo ich oft gesehen
  Hernieder auf ein schönes Land,
  Vom Turme fremde Fahnen wehen,
  Wo meiner Ahnen Banner stand.
5 Der Väter Hallen sind gebrochen,
  Gefallen ist des Enkels Los,
  Er birgt, besiegt und ungerochen,
  Sich in der Erde tiefem Schoß.

  Und wo einst in des Glückes Tagen
10 Mein Jagdhorn tönte durch's Gefild,
  Da meine Feinde gräßlich jagen,
  Sie hetzen gar ein edles Wild.
  Ich bin das Wild, auf das sie birschen,
  Die Bluthund' wetzen schon den Zahn,
15 Sie dürsten nach dem Schweiß des Hirschen,
  Und sein Geweih steht ihnen an.

  Die Mörder han in Berg und Heide
  Auf mich die Armbrust aufgespannt,
  Drum in des Bettlers rauhem Kleide
20 Durchzieh' ich Nachts mein eigen Land.
  Wo ich als Herr sonst eingeritten,
  Und meinen hohen Gruß entbot,
  Da klopf' ich schüchtern an die Hütten
  Und bettle um ein Stückchen Brot.

25 Ihr warft mich aus den eignen Toren,
  Doch einmal klopf' ich wieder an,
  Drum Mut! noch ist nicht all' verloren,
  Ich hab' ein Schwert und bin ein Mann.
  Ich wanke nicht, ich will es tragen,
30 Und ob mein Herz auch drüber bricht,
  So sollen meine Feinde sagen:
  Er war ein Mann und wankte nicht.

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