Wilhelm Jordan Nachtgesicht

  Allabendlich vor Schlafen geh'n
  Muß ich der Liebsten Bild besehn;
  Dem sag'ich leise gute Nacht
  Und frag'es: Hast du mein gedacht?

5 Und lösch' ich dann der Lampe Licht
  So taucht dein holdes Angesicht
  Hervor aus finsterm Hintergrund
  Wie aus Gewölk des Mondes rund.

  Da lächelst du so liebevoll
10 Und winkst mir, daß ich folgen soll;
  Du reichst mir helfend deine Hand
  Schlägst auch um mich ein Lichtgewand.

  Wir halten innig uns umfaßt
  Und schweben, frei der Erdenlast,
15 bis in ein Land von Sonnenschein
  da bin ich dein, da bist du mein!

  Doch ach! Dies Land ist nur ein wahn
  Und wachend find'ich nie die Bahn.
  Mein Glück hat nicht im Leben Raum,
20 es ist und bleibt ein schöner Traum!

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