Wilhelm Müller Der Berghirt (1824)
Wenn auf dem höchsten Fels ich steh',
In's tiefe Tal hernieder seh',
Und singe.
Fern aus dem tiefen dunkeln Tal
5 Schwingt sich empor der Widerhall
Der Klüfte.
Je weiter meine Stimme dringt,
Je heller sie mir wieder klingt
Von unten.
10 Mein Liebchen wohnt so weit von mir,
Drum sehn' ich mich so heiß nach ihr
Hinüber.
Viel steile Berge vor mir stehn,
Die Flüsse schäumend sich ergehn
15 Im Thale.
Der Aar sich in die Wolken schwingt,
Die Gemse durch die Klüfte springt
Hinüber!
Die Wolken ruhen auf der Höh',
20 Und durch die Nebel glänzt der Schnee
Der Gipfel.
Je stolzer mir mein Mädchen thut,
Je höher steigt empor mein Muth
In Liebe.
25 Ein Glöckchen klingt im stillen Thal,
Die Essen rauchen überall
Im Dorfe.
Ach, Mädchen, Mädchen, nimm mich bald!
Es ist so öd', es ist so kalt
30 Hier oben.
Bibliographische Daten
Wilhelm Müller (1794-1827)
Der Berghirt
Wenn auf dem höchsten Fels ich steh', …
1824
Spätromantik
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