Wilhelm Müller Der Lindenbaum (1822)

  Am Brunnen vor dem Tore
  Da steht ein Lindenbaum:
  Ich träumt in seinem Schatten
  So manchen süßen Traum.

5 Ich schnitt in seine Rinde
  So manches liebe Wort;
  Es zog in Freud und Leide
  Zu ihm mich immer fort.

  Ich mußt auch heute wandern
10 Vorbei in tiefer Nacht,
  Da hab ich noch im Dunkel
  Die Augen zugemacht.

  Und seine Zweige rauschten,
  Als riefen sie mir zu:
15 Komm her zu mir, Geselle,
  Hier findst du deine Ruh!

  Die kalten Winde bliesen
  Mir grad ins Angesicht,
  Der Hut flog mir vom Kopfe,
20 Ich wendete mich nicht.

  Nun bin ich manche Stunde
  Entfernt von jenem Ort,
  Und immer hör ich's rauschen:
  Du fändest Ruhe dort!

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